Der Gesundbrunnen

Vor langer Zeit zog ein Wandergeselle aus Düben in die Welt hinaus, um sein Glück zu suchen. Nachdem er sich vielerorts umgesehen hatte, verspürte er Heimweh und wollte in seine Vaterstadt zurückkehren. Er machte sich also auf dem Weg, lief aber nicht die Straße entlang, sondern immer quer durch Wald und Heide. So war er lange unterwegs. Als er schon fast am Ziel war, überraschte ihn noch einmal die Dunkelheit.

Müde und entkräftet sank er unter einem Holunderbusch in den Schlaf. Doch gegen Mitternacht wurde er durch ein Geräusch geweckt. Ganz in seiner Nähe vernahm er ein eigenartiges Stöhnen, Schnaufen und Knirschen. Es kam von einem kleinen Männlein, das sich mit aller Kraft, doch ohne Erfolg mühte, einen Stein von der Stelle zu schieben. Hilfsbereit bot er dem kleinen Wicht seine Unterstützung an und rückte den Stein zur Seite. Wo dieser gelegen hatte, sprudelte nun ein klarer Quell hervor. Sein Wasser wurde zu einem Bächlein, das durch das Tal zu den Wiesen floss.

Das Männlein sprang vor Freude in die Höhe und bedankte sich überschwänglich bei dem Gesellen. Es riet ihm, von der Quelle zu trinken, da diese Gesundheit bringe. Der Bursche kostete vom Wasser – und mit jedem Schluck spürte er seine Kräfte zurückkommen. Zum Dank für seine Hilfe gab der kleine Wicht ihm noch einen Becher, füllte ihn mit dem Quellwasser und sagte, wenn er Kranke davon trinken ließe, so würden sie rasch wieder genesen. Darauf verschwand er.

Der Wandergeselle machte sich frohgemut wieder auf den Weg zu seinem Heimatort, und bald erwachten die Vögel und begleiteten ihn mit ihrem Gesang, bis er in der Ferne die Dächer Dübens im Morgenlicht leuchten sah. Er kam heim, feierte das Wiedersehen mit seiner Mutter, und alles kam, wie es das Männlein vorausgesagt hatte. Das Wasser brachte Stärkung, Frohsinn und half vielen Menschen, gesund zu werden. Und noch heute trinken Wanderer, die an der Quelle vorübergehen, aus ihr einen Schluck neue Lebenskraft.

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