Wolfgang Apitzsch

Laudatio für Herrn Wolfgang Apitzsch, 1. Ehrenbürger der Stadt Bad Düben von Herrn Prof. Dr. Werner Stärtzel, Bad Düben, d. 18. Jan. 2007

Ehrenbürgerrecht - eine Ehrenbezeichnung für eine Persönlichkeit, die sich in besonderen Maße um die Entwicklung der Stadt oder das Wohl ihrer Bürger verdient gemacht hat. So sagt es die Gemeindeordnung.

Es geht um die Weltgeltung einer Persönlichkeit, um das nationale oder gar internationale Ansehen der Stadt, es geht um Verdienste für die Gemeinschaft. Nein, unser Ehrenbürger hat keinen Nationalpreis in Literatur, Physik, oder Medizin; nein, dieser unser Ehrenbürger ist auch kein hochrangiger Politiker, mit dem, schauen wir in die Vergangenheit und Gegenwart unserer deutschen Geschichte, eine Stadt intensive Probleme bekam oder bekommen könnte; Unser Ehrenbürger ist ein Bürger dieser unserer geliebten Stadt, wie du und ich, und doch anders und doch mehr.

Wolfgang Apitzsch wurde am 22.12.1929 in, ja wo wohl, in Düben an der Mulde geboren; in Düben erhielt er auch die Taufe, wurde konfirmiert in St. Nikolai, heiratete in unserer Stadt Frau Ilse, zog hier Kinder und Enkel auf. Noch 15 Jahre alt, kommandierte man ihn 1945 zum Volkssturm; er kam aber nicht mehr nach Bitterfeld, da der dortige Einmarsch der Amerikaner sein Überleben sicherte. Da er sich nach dem Abitur zu einer Neulehrerausbildung angemeldet hatte, wurde ihm das Studium der Mathematik, sein Herzenswunsch, versagt; man brauchte Lehrer und lies diese nicht wieder los. 1950 Neulehrer, wollte er Schüler bis zum Abitur unterrichten können und nahm deshalb in Leipzig 1954 bis 1957 das erste Fernstudium Mathematik auf. Dem folgte erst 1967 - 1971 das zweite in Potsdam mit dem Abschluss als Diplom-Fachlehrer. Man hielt EOS, eine erweiterte Oberschule - sprich heute Gymnasium - lehrte, sondern „nur“ an einer Polytechnischen Oberschule - sprich heute Grund- und Mittelschule.

Die Grundschule am Kirchplatz sowie die heutige Heide-Grundschule und zwei Jahre das Gymnasium in Bad Düben waren bis 1992 seine Wirkungsstätte, in denen er mit Liebe und Strenge, aber immer mit Besonderheit, Verständnis für Schüler, Umsicht und vor allem umfassenden Fachkenntnissen Wissen und Erfahrungen vermittelte. In den ersten Jahren der DDR und dann wieder nach der Wende wirkte er als Stellv. Schulleiter. Die Hinwendung zu den Menschen seiner Umgebung beweist u. a. die Tatsache, dass er noch heute keinen Schülern vergisst.

Der Lebensweg, typisch für diese unser Generation mit seinen Ängsten, Hoffnungen, Anerkennung und Ablehnungen führte über die berufliche Entwicklung hinaus zum Engagement für die Gemeinde, für die Menschen in Bad Düben. Prägend für unsere Stadt aus diesem Lebenslauf ist in erster Linie das Dübener Kulturleben, das Wolfgang Apitzsch - Nachfolger unseres Heimatdichters Willy Winkler - als langjähriger Vorsitzende des Kulturbundes bis zur Wende initiierte und gestaltete. Dazu gehörten Literatur- und Musikabende, Exkursionen in die Dübener Heide unter dem Motto „Schöne unbekannte Heimat“, vogelkundliche Wanderungen und Arbeiten zum Umweltschutz.
Unter seiner Regie lief die Rettung des Obermühlenteiches und die Durchführung des ersten Landschaftstages des Kreises Eilenburg.

Er beeinflusste die Wirksamkeit der in diesem Kulturbundbereich angesiedelten Arbeitsgemeinschaften und Gruppen Philatelie, Numismatik, Denkmalpflege, Heimatgeschichte und Stadtbilderklärer, künstlerisches Volksschaffen sowie Literatur und organisierte 1983 die Arbeitsgemeinschaft „Natur und Umwelt“, die 1991 dem Umweltausschuss der Stadtverordnetenversammlung angegliedert wurde.

Um Bewährtes fortzusetzen, war er Mitbegründer und seit 1995 Stellv. Vorsitzender des Heimatvereines Bad Düben e.V.; Wobei Vorbereitung und Organisation der Gründung in seinem Wohnsitz stattfand; wieder ein Indiz seiner persönlichen Bindung und Wirksamkeit. Er engagierte sich nach wie vor u.a. als Stadtbilderklärer sowie im Museumsbeirat.

Bernd Enge, der Vorsitzende des Heimatvereines, dem ich viele Informationen über Wolfgang Apitzsch verdanke, verdeutlichte seine Anerkennung in einem mundartlichen Gedicht, aus dem ich einige Zeilen zitiere:

„Weeinchen Menschen isses vergönnt uff Erden
Rüstich zu bleim un och noch alt zu werden;
Bei Wolfgang tuts nerchendwo weh
Vom Koppe bis zum kleenen Zeh.
Alles is noch jut beisamm,
wir sin froh das wirn ham.
Üwerall wird Wolfjang jebraucht
Ob dorheme oder wenns im Rathaus raucht.
Oppe will oder nich, da musse ran,
doch da kennte nischt, er steht seinen Mann.“

Neben den verkürzten dargelegten, unmittelbar heimatverbundenen Tätigkeiten, die - so sehe ich das - Bad Dübens Imagepflege entscheidend mit prägten und prägen, betätigte sich politisch aktiv nach der Wende im Parlament der Stadt als Stadtrat und erster Stadtverordnetenvorsteher. Als solcher traf er die Vorbereitungen und leitete den Stadtrat. Hier liegt sein entscheidendes Verdienst um die Entwicklung der Stadt, da er in dieser Zeit die Stadtpolitik durch seinen sachlichen und ruhigen, fast väterlichen Umgang mit den Menschen, durch sein Engagement und seine Detailkenntnisse in ein erfolgreiches Fahrwasser führte. Er schaffte es, zum Wohle der Stadt differierende Auffassungen auszugleichen, alle Fraktionen des Rates oft auf einen gemeinsamen Kurs und damit auf Erfolg zu bringen und Stadtratsbeschlüsse mit Leben zu erfüllen. Geachtet von allen Stadträten, verließ er nach zwei Legislaturperioden aus Altersgründen 1999 das Parlament, war aber in diesem Jahr nach Mitinitiator der sich aus Vertretern des Heimatvereines und der Sportvereine gründenden Wählergemeinschaft.

Jeder, der in Bad Düben engagiert lebt, ist mit Wolfgang Apitzsch in irgendeiner Weise verbunden; er kennt und begleitet jeden Dübener; er wirkt nicht vordergründig nach außen, sondern im Stillen, sehr engagiert, sehr profilierend. Es ist gut, dass es solche Menschen gibt, und, so denke ich, es ist gut, dass solche Menschen Ehre angetragen wird, nicht nur den lauten, den vordergründig erfolgreichen, den sichtbar überragenden, sondern auch den stillen Menschen; dem menschlichen Lehrer.

Der Stadtrat der Stadt Bad Düben hat auf Antrag der CDU/SPD-Fraktion am 14. Dezember 2006 die Verleihung des Ehrenbürgerrechts für Wolfgang Apitzsch beschlossen; Willy Winkler, dem die sächsische Gemeindeordnung posthum die Ehrenbürgschaft verwehrt, schaut von oben herab, und ich bin sicher, er nickt uns und Wolfgang Apitzsch zu.